Dienstag, 8. Dezember 2009

Kurz nach der Ankunft (September 2009)


Elf Tage, die wir nicht so schnell vergessen werden!

Wir kamen nach einem sooo langen Flug (ca. 23 Stunden mit Stopp in Abu Dhabi) an und wussten nicht genau, was auf uns zukommt. Sr. Yuka holte uns am Flughafen ab. Es war heiß, laut und das Atmen fiel uns schwer.


Und dann waren wir da, im Land der 7107 Inseln. Wir hatten gehört, dass es ebenso viele Gesichter wie Inseln hat. Jetzt an unserem 11. Tag hier präsentierte sich uns einer der schlimmsten. Vor zwei Tagen (am 26.09.09) fing es an zu regnen (tut es hier jeden Abend, aber nicht so wie dieses Mal) es hörte 2 Tage einfach nicht mehr auf. Wir erlebten den ersten Taifun in unserem Leben. Später erzählten uns die Menschen in Montalban, eine Vorprovinz von Manila, dass sie selbst noch keinen Taifun mit solchen Ausmaßen erlebt haben.


Der Wind war nicht sehr stark, dafür der Regen umso mehr. Der Fluss stieg immer höher über seine Ufer. Straßen waren nach kurzer Zeit schon nicht mehr befahrbar und wir saßen irgendwo mitten drin im Niemandsland, auf dem Weg von Montalban nach Manila. Irgendwann mussten wir das Auto aus Sicherheitsgründen verlassen, da stand uns das Wasser bereits bis zu den Knien. Die Menschen versuchten weiterhin die Straße zu durchqueren. Als es ihnen bis zu den Schultern reichte und Kinder in den gefluteten Straßen Schwimmspiele machten, begannen die Leute sich zu organisieren und gegenseitig zu helfen.

Wir beobachteten, wie Männer Frauen und Kindern z.B. große Holzkisten als eine Art Floß anboten, um sie so zur anderen Straßenseite zu befördern. Das Verkehrschaos, das entstand, kann man sich nicht vorstellen. Selbst für Ambulanzfahrzeuge gab es kein Durchkommen mehr, alles brach zusammen.

Wir waren zu fünft unterwegs. Eine 80-jährige schwer herzkranke Schwester, die am nächsten Tag ihre Heimreise nach Spanien antreten sollte, begleitete uns. Sie lebte seit 16 Jahren hier und der Abschied fiel ihr sichtlich schwer. Sie wurde begleitet von einer etwas jüngeren Schwester, ca. 65 Jahre alt, die fließend Spanisch sprach und ein Meister der nonverbalen Kommunikation war ;-). Dann noch Sr. Yuka und wir.
Wir hatten das Glück, einen relativ geschützten Ort unter einem ziemlich zugigen Pavillon zu finden und konnten dort sicher die nächsten neun Stunden abwarten. Wir waren alle nass bis  auf die Unterwäsche und das trotz Regenkleidung.
Aber es war für niemanden von uns schlimm, erschlagen hat uns  aber das Gefühl, nichts tun zu können außer warten und die Ohnmacht auszuhalten.

Am Abend konnten wir dann nach Manila hineinfahren, andere Schwestern holten uns zu Fuß ab. Um zu dem bereitstehenden Jeepney zu kommen, mussten wir noch einen abenteuerlichen Fußmarsch auf uns nehmen. Sonja und ich waren sehr in Sorge um die 80-jährige Schwester. Aber sie meinte stets "don't worry, I'm happy and very okay". Sie waren echt klasse und luden uns abends zu der Abschiedsfeier in ihrer Schwesterngemeinschaft ein. Es war ein tolles Fest, wir saßen zusammen, als ob wir uns schon Jahre kennen. Ja ja, wie sagt man so schön, in härteren Zeiten rücken die Menschen näher zusammen! Eine irische Schwester sagte beim gemeinsamen Frühstück zu uns: "...und wenn es weiter regnet, werdet ihr noch mehr neue Freunde finden..."

Wir konnten dann auch bei den Schwestern übernachten, zwei jüngere von ihnen räumten sogar ihr Zimmer für uns und duldeten da auch keine Widerworte.
Am nächsten Morgen machten wir (Sonja und ich) uns im total überfüllten Jeepney auf den Weg zurück nach Montalban. Das ist unser momentaner Aufenthaltsort. Hier leben wir in einer Schwesterngemeinschaft und arbeiten in deren Schule mit.
Später erfuhren wir, dass die Rückreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln in diesem Moment alles andere als eine sichere Reiseart war, denn in Montalban war der Notstand ausgebrochen! Hier offenbarte sich uns die ganze Tragweite der Katastrophe.
Wir konnten sehen, was der Taifun angerichtet hatte. In den Häusern (die noch standen) war meterhoch der Schlamm. Die Menschen sahen so erschöpft und müde aus!
Die Ärmsten der Armen hatten nun nichts mehr und das Nachkaufen war auch nicht so einfach. Die Supermärkte ließen nur noch vereinzelt Leute rein, um sich vor Hamsterkäufen zu schützen. Wir Europäer durften natürlich hinein und bekamen sogar die Tür aufgehalten, es ist wirklich verrückt, was Hautfarbe ausmachen kann. Dabei fühlten wir uns alles andere als gut. Naja, so kauften wir eben ein und brachten es zu unserer Schule.

Das Haus unseres "Haus- und Hofgärtners" hatte es leider stark getroffen. Die Lehrerinnen Luizett (30) und Merci (24) kamen in der letzten Nacht in die Schule, da das Hochwasser ihre Häuser unbewohnbar gemacht hatte. Sie erzählten uns, dass mit ihnen in der letzten Nacht viele unserer Kinder und deren Eltern in der Schule Schutz gesucht und gefunden hatten. Diese waren nun schon wieder zu Hause, um mit den Aufräumarbeiten zu beginnen. Merci und ihre schwerkranke Mutter blieben hier, da ihre Mutter in ihrer momentanen Verfassung viel zu schwach war irgendwo hinzugehen. Außerdem, wo sollten sie auch hingehen? Ihr Haus war bis in die 2. Etage geflutet und voll mit Matsch, somit nur für die unzähligen Moskitos bewohnbar. Das Schlimmste an der Situation ist, dass es zurzeit weder Strom noch Wasser gibt und das seit knapp 3 Tagen! Die Schule bleibt derzeit für den Unterricht geschlossen.

Es gibt momentan Wichtigeres zu tun!!! Wir werden in den nächsten Tagen unsere Arbeitskraft für Aufräumarbeiten, Kleider verteilen und Kochen für die Menschen in der Nachbarschaft einsetzen.

Ebenso möchten wir einen Teil der Spendengelder investieren, um Merci, Lizett und Noele (dem jungen Gärtner) zu helfen, ihre Häuser wieder bewohnbar zu machen. Die Arbeit, die sie hier tun, ist so wichtig für die Menschen hier. Daher ist es um so wichtiger, dass sie schnell wieder einen Platz haben, an dem sie Kraft tanken können, um ihre Arbeit, die sie so bereitwillig für die Menschen hier spenden, weiterführen zu können. Sie arbeiten täglich mindestens 10 Stunden - und das jeden Tag!


Noch kurz zu uns. Uns geht es gut, wir haben unsere Gesundheit, unser Zimmer, welches zum Glück gerade hoch genug lag und somit nichts von unseren materiellen Gütern beschädigt wurde, und wir haben UNS, was uns viel Kraft in dieser Situation gibt.
Wir reden hier oft über die Vorbereitungszeit in Deutschland und sind so dankbar für all die offenen Ohren und helfenden Hände, die uns begegnet sind. Es ist schön die Möglichkeit zu haben, nun hier ein klein wenig weiterhelfen zu können.

1 Kommentar:

  1. Hallo Dennise!
    Ich finde es ganz toll,dass du diese Seite eröffnet hast und ich finde es wichtig diese Informationen gelesen zu haben .
    Sie haben mich viel zum Nachdenken bewegt!
    Und wenn ich irgendwie kann,würde ich gerne helfen!
    Vielleicht mit einer Spendenaktion!
    Ich überleg mir da was!
    Glg Bea

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